Montag, 28. April 2014

Cold Comfort Farm von Stella Gibbons


“The education bestowed on Flora Poste by her parents had been expensive, athletic and prolonged; and when they died within a few weeks of one another during the annual epidemic of the influenza or Spanish Plague which occurred in her twentieth year, she was discovered to possess every art and grace save that of earning her own living.” 

Als die äußerst vernünftige und ordnungsliebende Flora mit 19 Jahren plötzlich zur Vollwaise wird, entscheidet sie in nächster Zeit einmal einen von ihren vielen Verwandten auf der Tasche zu liegen. Ihre Wahl fällt auf Cousine Judith, die mit ihrem Brief voll geheimnisvoller Andeutungen über angetanes Unrecht Floras Interesse weckt.

“Well,' said Mrs Smiling, 'it sounds an appalling place, but in a different way from all the others. I mean, it does sound interesting and appalling, while the others just sound appalling.” 

Sie macht sich also auf den Weg ins tiefste Sussex zur Cold Comfort Farm, wo sie auf die leidende Judith und ihren Mann, den Feuer und Verdammnis predigende Amos, deren Söhne, den lüsternen Seth und den verzweifelten Reuben und vor allem auf Tante Ada Doom, die seit 20 Jahren ihr Zimmer nicht mehr verlassen hat und mit eisernem Willen das Schicksal aller auf Cold Comfort Farm regiert, trifft.
Aber das ist genau die Art Umgebung die Flora aufblühen lässt, denn nichts liebt sie mehr als Dinge und Menschen zu ihrem Besten zur organisieren.

“You have the most revolting Florence Nightingale complex,' said Mrs. Smiling.
It is not that at all, and well you know it. On the whole, I dislike my fellow beings; I find them so difficult to understand. But I have a tidy mind and untidy lives irritate me. Also, they are uncivilized.”[Flora]


Pinguin Classics/Gestaltung Roz Chast


"Cold Comfort Farm" ist ein wahnsinnig humorvolles Buch.  Und obwohl es erstmals 1932 veröffentlicht wurde und als eindeutige Satire zu den in dieser Zeit sehr beliebten verhängnisvollen und dramatischen Romanzen im ländlichen Raum alà D. H. Lawrence oder Thomas Hardy zu verstehen ist, so ist es doch nicht zwingend einfach ein Kind seiner Zeit. Man kann das Buch durchaus auch als zeitgenössische Person im deutschsprachigen Raum des 21. Jahrhunderts lesen und sich köstlich amüsieren. Es ist einfach wunderbar wie Gibbons diese geradlinige Flora in diese von unausgesprochenen Vergangenheiten und anderen Wirrnissen geprägte Welt setzt und sie dort Ordnung schaffen lässt - einfach mit etwas Realität und "common sense". Wir alle haben sich schon Bücher gelesen, wo man die Protagonisten anbrüllen möchte, dass sie doch einfach einmal den Mund aufmachen oder einfach nachrfragen oder einfach wie eine normal Person agieren sollen. Etwas Geheimnis und Mysterium brauchen wir alle, aber manche Bücher überspannen den Bogen und dann wird alles zu künstlich und aufgesetzt. Das passiert in jedem Genre. Und dann wünscht man sich eine Flora Poste, die einmal gründlich durchfegt. Das Buch ist trotz seines Alters wirklich erfrischend und es gibt genug Szenen, die an die eine oder andere eigene Erfahrungswelt erinnern.
Wie so oft weiß ich natürlich nicht, wie es um die Qualität der deutschen Überetzung bestellt ist, aber wenn möglich soll man sich immer trauen, Bücher in ihrer Originalfassung zu lesen. Das macht oft mehr Freude als eingebildete Schwierigkeiten... Aber alles in allem möchte ich hier eine kleine Fackel für "Cold Comfort Farm" in den Lesewind halten - wirklich einer der leichtfüssigen Klassiker.



Cold Comfort Farm Trailer (1995)







Sonntag, 6. April 2014

Meine ersten Leseschritte...


Nachdem 2014 bei mir ohne Absicht im Zeichen der Kinder- beziehungsweise Jugenbücher steht, liegt es irgendwie nahe sich daran zu erinnern was man als tatsächliches Kind so an Büchern konsumiert hat. In meiner Erinnerung ist mein erstes "selbst gelesenes" Buch dieses hier:


Erstmals erschienen ist der böse Hatschi Bratschi anscheinend im Jahr 1904, geschrieben vom österreichischen Marineoffezier Franz Karl Ginzkey.


Das "selbst gelesen" steht deswegen unter Anführungszeichen, weil ich damals noch gar nicht lesen konnte, aber ich mir das Buch so oft vorlesen ließ bis ich es auswendig konnte und dann habe ich eben so getan als ob... das ich für eine glaubwürdige Darstellung auch einmal umblättern hätte müssen, war mir da nicht so klar. Eine Textstelle ist mir heute noch im Kopf...


Drin sitzt, die Pfeife in der Hand
Ein Zauberer aus dem Morgenland*.
Der böse Hatschi Bratschi heißt er,
Und kleine Kinder fängt und beißt er.
O Fritzchen, Fritzchen, lauf davon,
Sonst kommst du in den Luftballon!
Ach, Hatschi Bratschi hat ihn schon!
Er hat ihn schon und hält ihn fest,
Weil er mit sich nicht spaßen läßt.


Da werden in Reimform schon mal die zukünftigen Ängste indoktriniert. Als Kind war mir das natürlich nicht so bewusst  - in dem Alter ist man ja weniger reflektiert und saugt alles auf wie ein Schwamm. Deswegen ist das wahrscheinlich auch der richtige Zeitpunkt für belehrende Werke wie Hatschi Bratschi und Struwelpeter (auch ein Begleiter meiner Kindheit). Das kleine Tantchen war außerdem vor allem von den Bilder faszieniert - besonders gut kann ich mich an die Illustration von "Datteln" erinnern. Ich hatte nämlich keine Ahnung was das sein sollte. Ähnlich ging es mir übrigens auch bei meinem ersten Garfield Comic - Lasagne war für mich auch ein sehr befremdliches Gericht und über die Illustrationen so gar nicht nachvollziehbar. Deswegen bin ich heutzutage wahrscheinlich auch so neugierig auf Essen aus aller Welt.


*In der Originalversion ist es ein Türke aus dem Türkenland. Aber ich hatte schon eine "korrektere" Variante.