Mittwoch, 31. Dezember 2014

Prosit Neujahr ihr kleinen Schneehasen!



Nachdem ich gerade meine Nägel mit glitzerrotem Nagellack bestrichen habe um mich wahrscheinlich in der nächsten Stunde schlafen zu legen, dachte ich mir, dass ich in diesem hilflosen Zustand (mit frisch lackierten Nägel ist man wehrlos wie ein frischgeborenes Fohlen) genau so gut etwas tippen könnte. Aber sicher keinen Jahresrückblick, weil wie viel Zeit haben wir? Mein Leben ist ungeheuer komplex und vielschichtig. Aber hier ein paar Higlights der letzten Tage beziehungsweise hauptsächlich von gestern:

Seit dem 23. Dezember habe ich ganz allein 7 Flaschen Freixenet ( den in der schwarzen Flasche. nichts anderes kommt mir in die Sektflöte!) getrunken. Die achte Flasche ist gerade in Arbeit. Und es ist vielleicht bigott und kleinkariert, aber ich sage es laut und stolz: ich liebe Sekt! Sekt ist der Champagner der kleinen Tantchen.

Nachdem ich seit einem Jahr so gut wie vergetarisch bis vegan lebe, hab ich gestern versucht souverän Rinderknochen beim Fleischhauer (= Metzger) zu kaufen. Das ist eigentlich keine große Kunst, aber ich wollte wie jemand wirken der ständig nach Knochen von toten (nona!) Tieren verlangt und dann fröhlich mit den diversen Knochen klappert. Aber insgesamt hab ich wahrscheinlich eher verängstigt gewirkt. So als wollte ich Knochen für eine absurde kultische Feier und nicht für eine Suppe.

Damit noch kein Ende der Fleischgeschichten. Ich wollte dem Onkelchen Lungenbraten als Neujahrsmahl vorschlagen und hab einen sehr entsetzten Blick geerntet. Lunge sei nämlich nicht zum Essen gedacht. Warum weiß ich nicht so genau, aber mit Lungenbraten meint man in Österreich nicht die Lunge sondern die Lende. Wir sprechen nämlich quasi Latein und lumbus heißt Lende. Und von lumbus zu lunge ist es nur ein kleiner Sprung. Alles klar?

Feuerwerkskörper waren so ein anderes österreichisches Phenomän. Anscheinden braucht man seit ungefähr zwei Jahren eine spezielle Konzession um so gefährliches Zeug zu verkaufen. Und wenn die Tschechei in der Nähe ist, dann verzichten die Ösimenschen ganz auf diesen Unsinn. Weil die Tschechen brauchen keine Konzession und billiger ist es auch. Für diese Information(en) musste ich bloß mit drei wildfremden Menschen sprechen. Unter anderem mit Angelina. Die war sehr nett.

So. Das wars hier mit dem Jahr 2014. Ich denke das ist ein würdiger Abschluss für meinen eher stiefmütterliche Art diesem Blog gegenüber. Andererseits bin allgemein einfach eher stiefmütterlich, also ist das hier schon eine runde Sache.

Prosit Neujahr!








Mittwoch, 26. November 2014

Filmtip | What we do in the Shadows





Gruseligstes Scheitern....





Das Experiment im Oktober Bücher passend zum Thema "Halloween" zu lesen ist freudig gescheitert. Und ich habe etwas gelernt: dass Bücher die im Groben und Ganzen ins Gruselgenre (?) fallen, so gar nichts für mich sind. Das kann ich ganz klar und zweifelsfrei beurteilen nachdem ich  ganze zwei Bücher gelesen habe und eines angefangen...
Wobei das angefangenen (noch-nicht-fertig-gelesene) noch das Beste war/ ist: Ray Bradbury, 'Something Wicked this Way Comes'. Die Geschichte hat eine ganz eigene fantastisch schaurige Stimmung, aber bisher fehlte mir leider die Muse, mich wirklich darauf einzulassen.
Von den anderen beiden vollständig gelesenen kann ich leider nur abraten - Gods of the Nowhere: A Novel of Halloween habe  schon an dieser Stelle besprochen und das andere Buch "The Well" von Peter Labrow war eine schlechte Hexengeschichte mit unglaubwürdigen Charakteren.
Falls ich so ein Experiment noch einmal starte, werde ich mich wohl mehr an altbekannte Klassiker halten. Aber die letzten zwei Monate standen momentan sowieso unter einem schlechten Lesestern. Kennt ihr diesen Zustand, wo man wirklich große Lust aufs Lesen hat, aber man irgendwie kein Buch findet, das einen wirklich einfängt? Ich werde wohl bald zerspringen vor lauter aufgestauter Leseenergie. Und damit mein Leid nicht völlig umsonst war, sei hier noch gewarnt vor einem Buch namens "The Next Always" (Inn BoonsBoro Trilogy) von Nora Roberts. Eine wahnsinnig platte Liebesgeschichte die von noch von richtigen Männern handelt und frischen Frauen, endloser Beschreibung von Innenarchitektur und dem verzweifelten Versuch von Spannung durch einen Stalker. Gruselig auf eine noch mal ganz anderer Art.

Happy November an alle....












Sonntag, 12. Oktober 2014

Gruselherbst | "Gods of The Nowhere: A Novel of Halloween" von James Tipper



"Gods of Nowhere" von James Tipper ist das erste Buch, das ich im Zuge meines "ich lese jetzt mehr Gruselzeug" Projekts gelesen habe (-> hier gehts zum dazugehörigen Blogpost <-) und leider war es nicht der allzu glorreiche Auftakt. Es blitzen zwar dort und da ein paar wirklich hübsche Ideen auf, aber insgesamt ist die Ausführung dann doch etwas holprig. Auf deutsch ist das Buch soweit ich weiß nicht erschienen - laß mich da aber natürlich gerne berichtigen.








Sam McGrath, 18 Jahre jung und letzter Nachfahre einer mächtigen Druidenfamilie, muss gemeinsam mit seiner Freundin Lucia den bösen Simon Magus aufhalten. Dieser versucht nämlich die Trennung zwischen hier und "Nowhere" aufzuheben und die Toten ins Reich der Lebenden zu führen.
Dabei wird aus den mystischen und sagenhaften Kübeln geschöpft - Druiden, Aliens in Ägypten, Jesus Christus: alles wird fröhlich in den Mix geworfen um eine Legende um die Druidenfamilie McGrath und Halloween zu weben.
Das klingt jetzt fast fürchterlicher als es ist - oft funktioniert die Mischung; besonders wenn ältere Volksmärchen wie Baba Yaga in die Geschichte eingeflochten werden.

...Achtung liebeR LeserIn. Hier begebe ich mich auf Abwege. Aber das Thema liegt mir offensichtlich am Herzen....

Aber dass die Erbauer der ägyptischen Pyramiden magische Wesen aus dem All waren - da schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Ich muss ganz ehrlich sagen: wäre das irgendwo in der Inhaltsbeschreibung aufgetaucht, hätte ich gar nicht erst angefangen zu lesen. Vielleicht ist das engstirnig von mir, aber das Buch, das mir diesen "Aliens im alten Ägypten Schmus" spannend verpacken kann ohne eine unterschwellige esoterische Botschaft muss mir erstmal gezeigt werden. Diese "Sternenwesen" sind im Buch übrigens der Grund dafür, dass es Magie in unserer Welt gibt. Also stammen die Druiden aus Ägypten? Jedenfalls sind die Sternenwesen dann auch wieder mal abgeflogen, weil wahrscheinlich die Grundstückspreise explodiert sind. Schweife ich ab? Habe ich übrigens schon erwähnt, dass das nur eine sehr kurze Passage in dem Buch ist... Insgesamt wird das ungefähr in einem Satz abgehandelt "Who do you think built Egypt?" Keine weitere Erklärung nötig. Aliens haben "Ägypten gebaut" (so würde ich zumindest den Satz übersetzen...). Also gut. Damit wäre alles gesagt. (Auch mir war nicht klar das ich so starke Gefühle zu dem Thema habe.)

...Wir machen jetzt einfach weiter als hätte ich nie etwas über Pyramiden und Aliens gesagt....

Die Idee, dass es da ein Nowhere gibt, eine Art Fegefeuer-Land, in dem verschiedenste Gestalten gefangen sind und wie und warum es mit unserer Welt verwoben es ist und daher Halloween gefeiert werden muss, finde ich durchaus spannend und gut ausgedacht. Der beste Teil des Buches ist eigentlich auch, wie Sam und Lucia eben durch diese Land stolpern, auf der Suche nach ihrer Mission. Die Beschreibungen lassen schauriges Kopfkino zu (filmverdorben wie wir sind würde ich hier von burtonesk sprechen) und zeigen das der Autor wirklich etwas kann, wenn er sich Zeit lässt.
Das Tempo ist hier übrigens ein springender Punkt: Kennt ihr vielleicht die Bücher wo man das Heldenmenschlein im Mittelpunkt des Sturms anbrüllen möchte: "Sieh doch endlich die Zeichen. Du bist eine Halbelfe. Da existiert eine magische Welt da draussen und du bist Teil davon. Komm in die Gänge, du verdammte auserwählte Holbirne!!!!", während Hauptperson x noch immer alles hinterfragt und sich alles "einbildet". Machen euch solche Bücher wahnsinnig? Wünscht ihr euch das totale Gegenteil? Dann habe ich einen Buchtip für euch *zwinkerzwinker*.
Den ersten Teil von "Gods of The Nowhere" kann ich euch gerne zusammenfassen:

"Hallo. Ich bin Sam. Meine Eltern sind bei einem Autounfall gestorben und auch ich wurde Jahre später von einem Auto angefahren. Seitdem bin ich auf einem Auge blind. Seitdem ich denken kann, bin ich anders als alle anderen. Ich kann in die Zukunft sehen. Wahrscheinlich bin ich ein Freak. Oh... eine Wikipedia Seite über Druiden. Endlich die Antwort. Ich bin ein Druide... Hey Lucia, lass uns heute Nacht am Friedhof schlafen, denn ich denke, ich bin da Teil von einer großen Sache."

Um gaaaaanz ehrlich zu sein: Es gibt eine Art Vorgeschichte die in den "früheren Zeiten" in Irland spielt ,wo sich zwei Druiden bekämpfen. Das heißt als LeserIn erfäht man schon etwas mehr und es ist schon von Anfang an klar, wer der halbblinde Sam in Wahrheit ist. Aber trotzdem wäre es nett, wenn die Entdeckung von Sam zu seiner wahren Identität ein bisschen schlüssiger und liebevoller gestaltet wäre. Es ist schwierig nachzuvollziehen, dass Sam, nachdem er jahrelang eigenartige Erlebnisse hatte (diese aber nie wirklich hinterfragt hat), plötzlich durch eine Wikipedia Seite von seiner Aufgabe überzeugt wird. Etwas zur Ruhe kommt der Autor dann erst, als die Geschichte "richtig" anfängt und da wird das Erzählte dann wie gesagt auch richtig gut. Gegen Ende zieht er das Tempo leider wieder etwas.

Die Beschreibungen von Nowhere im Mittelteil wären so gewesen, wie ich es mir von einem Halloween Buch gewünscht hätte. Leider wird das positive Leserlebnis aber durch zu beschleunigte Handlungsabläufe, etwas erzwungene Jugendsprache und einen übetrieben Mythenbrei dann doch stark minimiert. Wahrscheinlich ist das Buch auch eher für 13jährige und nicht für 30jährige gedacht. Aber auch Teenager haben ein Recht auf wirklich gute Geschichten und die kann man dann normalerweise auch etwas betagter noch gut lesen.
















TIP | Gruseliger Lesespaß im Herbst....?







Irgendwie habe ich Lust auf ein saisonales (?) Leseabenteuer, passend zu Halloween. Dabei handelt es sich natürlich um keine Tradition mit der ich aufgewachsen bin, schleicht sich diese Feierlichkeit ja erst seit ein paar Jahre in unsere Landstriche. Viele Menschleins beobachten das auch äußerst argwöhnisch (keine gewachsene Tradition, Geldmacherei etc.) und bei den diversen halloweenischen Erwachsenenparties bei denen ich zu Gast war, kann ich der allgemeinen Nörgelei nur zustimmen. Da war meist wenig originell, alles eher halbherzig und verkleidete Erwachsene sind meist sowieso eher von der jämmerlichen Sorte (ich will da jetzt niemandem zu Nahe treten, ich meine aber es ist wirklich ein kleiner Seiltanz zwischen spaßig und lächerlich...). Aber als Kind hätte ich Halloween geliebt (mein kindlicher Berufswunsch war (?) schließlich Hexe) und irgendwie hat es diese Festivität geschafft sich ein heimeliges Plätzchen in meinem Herzen zu ergattern. Ein richtiges Halloween Spektakel würde ich dem heimischen Fasching jedenfalls vorziehen. Um mir jedenfalls im privaten ein wenig Gruselei zu erlauben, habe ich mir gedacht ich kann ja ein bisschen passende Lektüre lesen. Nachdem ich wie gesagt keinerlei Halloween Tradition habe, habe ich diverse Goodreads Halloween Leselisten durchforstet und mir eine kleine Auswahl zusammengestellt, die ich an dieser Stelle ganz gern vorstellen würde. Erstens für mich und vielleicht hat ja jemand einen Tip für mich. Die Liste ist natürlich keine in Stein gemeiselte Gesetzestafel, sondern zeigt einfach ein paar mögliche Möglichkeiten.


*) "Gods of Nowhere. A Novel of Halloween" von James Tipper, 2013
Das ist das einzige Buch, das ich bisher gelesen habe und muss sagen - definitiv Jugendbuch. Verleitet haben mich die doch eher guten bis sehr guten Bewertungen auf Goodreads und das dieses Buch dort auf jeder der größeren Gruselleselisten zu finden war. Aber naja... die Idee war gut, die Ausführung holprig. Aber ich hab dazu auch etwas geschrieben, nämlich   > hier <.
(Eine deutsche Übersetzung gibt es meinem Wissen nach nicht)



*) "The Halloween Tree" von Ray Bradbury, erstmals 1972 erschienen
deutscher Titel: "Halloween", Diogenes Verlag 2008
Acht kostümierte Jungs wollen ihren Freund Pipkin bei einem Geisterhaus außerhalb der Stadt treffen. Stattdessen finde sie dort den leichenhaften Mr. Moundschroud. Als Pipkin endlich eintrifft wird er von etwas Dunklem mitgenommen und Mr. Moundshroud führt die acht Freunde auf eine Reise durch Raum und Zeit um Pipkin und die Bedeutung von Halloween wiederzufinden.
 Darauf freu mich schon.  "Something Wicked this Way Comes" von Bradbury wäre vielleicht auch noch eine Möglichkeit...


*)  "The Legend of Sleepy Hollow" von Washington Irving, erstmals 1820 erschienen
deutsch: "Die Sage von Sleepy Hollow und ander unheimliche Geschichten", Insel Verlag 2009.
Kurzgeschichten. Ein koploser Reiter geht um. Ich habe den Film mit Johnny Depp gesehen. Angeblich ist die Geschichte ganz anders. Mehr habe ich dazu (noch) nicht zu sagen 


*) "The Woman in Black: A Ghost Story" von Susan Hill, erstmals 1983 erschienen
deutsch: "Die Frau in Schwarz"
Eine klassische Gruselgeschichte: ein böser Geist geht in dem kleinen Ort Crythin Gifford um. Der erfolgreiche Anwalt Arthur Kipp trifft ein um dem Begräbnis einer Klientin, Mrs. Alice Drablow, beizuwohnen und ihre Angelegenheiten zu regeln. Was eigentlich ein beruflicher Routinetrip sein sollte, nimmt schnell eine grausige Wendung als sich Arthur von unerklärlichen Geräuschen und dem Geist einer in schwarz gekleideten Frau verfolgt sieht.
Um mir die Verfilmung anzusehen, war ich zu feig. Vielleicht schaff ich Hasenherz ja das Buch.

*) "A Night in the Lonesome October" von Roger Zelazn, 1994
deutsch: Der Clan der Magier, Heyne Verlag 2002 .
Hier sammeln sich anscheinend Jack (the Ripper), Sherlock Holmes, Dr. Frankenstein, and Dracula zusammen mit Hexen, Werwölfen, Druiden etc auf amüsante Weise um zu Halloween über Gut und Böse zu entscheiden. Erzählt wird das ganze aus der Perspektive von Snuf - dem Hund von Jack (the Ripper).
Also eher eine humorvolle Variante... oder eine ganz übel schlechte Geschichte...





Mal sehen ob ich ein, zwei oder mehr davon lesen werde. Wie immer je nach Lust und Laune. Falls jemand Tips hat, freu ich mich. (Gern auch aus dem deutschsprachigem Raum... bei dieser Liste haben die Angelsachsen ja eindeutig das Sagen. Muss ja nicht direkt um Halloween gehen, sondern sollte nur in die "Atmosphäre" passen).










Sonntag, 31. August 2014

Thriller | Gone Girl - Das perfekte Opfer von Gillian Flynn





Thriller wird ja so als Genre von mir im Großen und Ganzen vernachlässigt. Ich bin eher so eine klassisches Krimi-Tantchen. Aber ich habe vor kurzem zufällig den Trailer zu "Gone Girl"  gesehen (das Buch wurde nämlich schon verfilmt) und ich musste einfach wissen, wie die Geschichte ausgeht. Besonders nachdem alle Kommentare zu dem Trailer auf eine überaschende Wendung anspielen.



 Trailer zu Gone Girl



Das Buch beginnt an dem Tag an dem Amy Dunnee verschwindet. Ihr Mann kommt heim und die Tür steht offen und seine Frau ist nicht da. Während nun die Suche nach ihr startet und die Polizei versucht das womögliche Verbrechen zu rekonstruieren, erfährt man mehr über die Ehe und die Geschichte von Amy und Nick. Die Kapitel sind abwechselnd aus Nicks und Amys Perspektive gestaltet - im Fall von Amy handelt es sich um Tagebucheinträge. Schnell gerät Nick als Hauptverdächtiger in das Zentrum der Ermittlung. Aber es wird beim Lesen auch schnell klar, dass es nicht ganz so simpel sein kann. Die erste überraschende Wendung ist daher weniger überraschend, aber damit ist die Autorin auch noch nicht ganz zufrieden. Das Buch endet nicht bei der Auflösung um Amys Verschwinden, sondern geht ein bis zwei Schritte weiter und gibt dem Roman somit einer weitere (unerwartete?) Wendung.
Der Thriller ist wirklich schön zackig geschrieben, ohne zu lange Strecken oder langwierige psychologischer Erklärungsmuster. Das Ende ist aber vielleicht nicht für jeden Geschmack. Es gibt keine abschließende Gerechtigkeit, keine wirkliche Erklärung an der man sich festhalten könnte. Aber das ist vielleicht auch einfach Teil des Psychospiels.

Gillian Flynn, Gone Girl, 2012






Sonntag, 27. Juli 2014

Steampunk | Die Glasbücher der Traumfresser von Gordon Dahlquist (Band 1)

Nachdem ich in letzter Zeit Schwierigkeiten habe, irgendeine Form von Rezension in halbwegs verständlicher Form ins Internet zu bringen, versuch ich die unverständliche. Hier ein paar abgerissene Sätze zu einem der Buch. Ich habe es gelesen. Hier ist mein Eindruck...

Mein erstes Steampunk Buch: "Die Glasbücher der Traumfresser" (OT: The Glass Books of the Dream Eaters, 2006) von Gordon Dahlquist.

Steampunk, die lustige Verbindung von viktorianischem Lebenstil und wahnwitzigen Dampfmaschinen, war bisher kein Genre mit magischer Anziehungskraft für mich. Und das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern. Ein Grund dafür ist sicher, dass für mich angestaubte Seele die original viktorianische Literatur aufrregend genug ist.




Drei Charaktere, wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten, werden in einen Strom von unerklärlichen Ereignissen hinein und dadurch zu einander hingezogen. Da ist die propere Miss Temple, die plötzlich ohne Erklärung von ihrem Verlobten verlassen wird. Aber so ein Fräulein von einer Südseeinsel lässt sich das nicht so einfach bieten und stellt Nachforschungen an. Cardinal Chang wiederum ist ein "Problemlöser" oder Auftragkiller, der durch seine Beruf und die Liebe zu einer Prostituierten Teil der Geschichte wird. Und der Arzt Abelard Svenson verliert seinen Schützling, den Kronprinzen von Mecklenburg. Alle drei sehen sich einer misteriösen Gesellschaft gegenüber, die es durch einen Maschine schafft, den Menschen ihren freien Willen (?) zu berauben, ihnen dadurch aber auch unheimliche Freiheit schenkt (...so oder so ähnlich... wirklich erklärt wird die Prozedur eigentlich nicht). Den einzigen Personen, denen sie trauen können sind sie selbst - dadurch müssen sie sich aber auch erst einmal finden. Gemeinsam könnten sie stark genung sein, dieser Geheimgesellschaft die Stirn zu bieten. Nachdem sie sich endlich am selben Ort befinden, wird die traute Dreisamkeit aber schnell durch einen (eher unerklärlichen ) Eifersuchtsanfall von Miss Temple wieder aufgelöst... Sei läuft ohne Erkärung von dannen und Svenson und Chang laufen getrennt dem verrückten Frauenzimmer hinterher... (die Wendung scheint mir etwas altbacken, aber es anzunehmen, dass "damals" die Frauen noch unlogischer waren und dieses spezielle Exemplar sowieso schon unglaublich selbstständig und wehrhaft ist. Da müssen ein paar übertrieben Emotionen sein, sonst geht die Weiblichkeit ja komplett verloren...)

Ansich ist das Buch ja schon spannend, wie eine Spionagegeschichte im viktorianischen Fantasyland. Und den Titel finde ich ja sehr großartig - deswegen habe ich das Buch überhaupt gelesen. Aber im letzten Drittel wurde es mir dann doch zu langatmig. Es wurde zu langwierig versteckt, verfolgt, bedroht, aus unmöglicher Situation gerettet, verfolgt, versteckt... ohne das zu einem wirklichen Ergebnis kommt. Selbst James Bond hätte da zumindes mal einen Powernap und eine Kopfwehtablette gebraucht.
Ein bisschen sexy ist auch dabei; aber mehr andeutungsweise. Es werden ziemlich oft Vorrichtungen mit Lederriemen gefunden und vor allem bei Frauen scheint das Verfahren der geheimnisvollen Gegner vor allem zu einer erhöhten Libido zu führen. Das ist aber eigentlich auch das einzige, was man über den "Prozess", wie es im Buch genannt wird, erfährt. Nachdem das eigentlich der Motor für die ganze Geschichte ist, wäre es nett gewesen ein bisschen mehr zu verstehen, was mit den Leuten da eigentlich passiert... Aber es gibt ja einen zweiten Teil. Aber ob ich den lese, ist momentan noch fraglich. Aber den Titel finde ich wirklich schön.







Sonntag, 29. Juni 2014

Sonntag, 1. Juni 2014

Zwischenspiel | Unprofessioneller Lückenfüller


Die Temperaturen werden sommerlicher und plötzlich sammelt sich Staub im Bloguniversum. Hier ist ganz viel Staub, aber mein blasser Teint behauptet, dass das sicher nichts mit meinen Freizeitaktivitäten zu tun hat. Im Gegenteil - gelesen wird fleissig, aber sobald ich meine unkonventionelle Meinung dem Internet kund tun will, werde ich müde. Oder bekomme Hunger. Und eigentlich ist das Wetter ja auch gar nicht so schön.

Jedenfalls dachte sich dann die weltmännische Bloggerin - also ich - zeige ich doch mal ein paar spannende Schnipsel aus meinem Leben. So hie und da tut sich ja dann doch mal was und wenn man dann ein paar Fotos machen würde, vielleicht so künstlerisch und ein paar Kerzen im Hintergrund.... aber wen lüge ich hier an. In meinem Leben stehen keine Kerzen im Hintergrund. Mit den Worten von Kanye West möchte ich sagen "You Italians don't understand my Minimalist Style". Leute die jetzt keine Ahnung haben wer Kanye West und Kim Kardashian sind - gute Sache. Macht euch keine Sorgen, alles in euerem Leben läuft gut. Es handelt sich bloß um zwei Menschlein mit mehr Geld und Verstand, die vor kurzem in Italien geheiratet haben. Wäre ich eingeladen gewesen, könnte ich jetzt mit besseren Fotos unterhalten. Stattdessen...





....mein Fund der Woche. Dieses Ding hat mein Herz wirklich höher schlagen lassen. Ich wußte nicht, dass es sowas gibt (und die Kassiererin beim Müller wußte nicht, dass sie so etwas verkaufen).  Aber auf euch Deutsche ist Verlaß (es handelt sich um ein Produkt der Firma Faller). Dieser ca. 8 cm große Besen ist ein Wekzeug zur Reinigung von Haarbürsten. Der kleine Rechen holt da jeden noch so kleinen Staubflusen raus und lässt eine sehr glückliche Bürstenbesitzerin zurück. Die Aufregungen die ich jeden erlebe, sind nichts für Spatzenherzen.

Falls jemand an dieser Stelle jetzt doch plötzlich große Sehnsucht nach mehr Wissen um die Kim & Kanye Hochzeit und deren "Torre di Bagni Oro" (zu deutsch: goldener Toiletten Turm) verspürt, hier entlang -> K&K Hochzeitsextravaganza
Hier trennt sich dann wohl die Spreu vom Weizen und nur die wirklich gefestigten Persönlichkeiten begleiten mich weiter...




Es ist nämlich so. Im Februar hatte eine sehr gute Freundin Geburtstag. Das ist bei ihr jedes Jahr so und im Jänner war ich mir dieser Tatsache auch noch durchaus bewusst. Und weil es Winter war, dachte ich mir selbstgestrickte Socken wären ein wahnsinnig aufmerksames Geschenk. Und so ein Socken ist auch schnell fertig. Ein Socken ist aber eine einsame Sache und die Muse für den zweiten wollte sich einfach nicht einstellen. Der Februar kam, der Februar ging, Socke und Geburtstag waren tief im Unterbewußtsein vergraben und wurden da auch erst letzthin wieder ausgegraben. Jetzt befindet sich ein etwas ungleiches Sockenpaar (ich stricke im Jänner anders als im Mai) via Post auf dem Weg zu ihr. Deswegen gibts hier nur ein Zeichnung von Socken, damit das nicht zu abstrakt wird. Das sind auch nicht die Nadeln mit denen ich gestrickt habe. Das sind bloß die schönsten Nadeln, die ich besitze und wer weiß wann sich wieder so eine gute Gelegenheit bietet. Kurz habe ich überlegt empört der Post die Schuld für die verspäteten Geburtstagssocken zu geben, mich inzwischen aber doch für die ehrlich Variante entschieden. Ich hab ihr auch großzügig angeboten, die Socken für eine Kunstausstellung (sie leitet einen Ort wo so etwas ab und zu vorkommt) zu verwenden, falls der ursprüngliche Sockenzweck sich nicht erfüllen sollte. Mein vorgeschlagener Titel "Frau mitte 30. Ohne Kinder".

Ich denke es ist inzwischen jeder geneigten Leserin/jedem geneigtem Leser klar, dass mein Leben ein einziger Tumult ist, wo Höhepunkte sich die Türklinke in die Hand geben, die Situation allgemein verzwickt ist und ich wirklich nicht überall gleichzeitig sein kann. Als Versöhnungangebot hier noch zwei schlechte Fotos von unterschiedlich hübschen Büchern:



"Wildwood", geschrieben von Colin Meloy und illustriert von Carson Ellis (Balzer + Bray).
Sehr liebevoll gestaltetes Buch mit schönen Illustrationen. Leider, leider habe ich die Befürchtung, dass er Inhalt etwas zu langatmig sein könnte. Aber ich werde sehen.

uuuuuuuuuund Skulduggery ist zurück in meinem Leben. Wir brauchten etwas Abstand, aber ich bin wieder voller Liebe. Derek Landy hat sich mit dem sechsten Band wieder etwas in Schwung geschrieben. Und die Gestaltung der Bücher ist einfach genial. Eine Zierde für jede Bibliothek.






P.S.: als kleine Zugabe und krönenden Abschluss - auch ich kann Essensfotos:



Vegane Peanut Butter Cups. Waren ausgezeichnet.







Sonntag, 4. Mai 2014

'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' von Julie Kibler



Das Buch 'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' war ein sehr nettes Geschenk von Isabelle akà Papyrus von "Alles nicht so wichtig". Es hatte eine etwas schwierige Anreise, weil es anscheinend so gar nicht recht zu mir kommen wollte, aber inzwischen haust es schon eine Weile bei mir und eines Sonntags im April hab ich mich dann auch daran gemacht es zu lesen.

Piper Verlag


Es ist die Geschichte von Isabelle, 89 Jahre, und ihrer Afro-Amerikanischen Friseurin Dorrie, die einander freundschaflich verbunden sind. Daher begleitet Dorrie Isabelle auf eine Autoreise von Arlington nach Cincinnati zu einem Begräbnis. Auf dieser Reise erfährt man von Isabelles Jugendzeit in Kentucky in den 30ern des 20. Jahrhunderts und von ihre ersten (und einzigen) großen Liebe.

Eigentlich ist diese Art von Büchern ja genau meins. Ich mag tragische Liebesgeschichten und Bücher, die in den Südstaaten spielen. Eigentlich perfekt. Noch dazu ein Buch, dass eine etwas beschwerlich Reise hinter sich hat und mich dran erinnert, wie schön es sein kann via Internet mit anderen (lesebegeisterten) Menschen in Kontakt zu treten. Aber leider... das schriftstellerische Debut von Julie Kibler hat mich etwas kaltgelassen. Bevor ich näher auf die Gründe eingehe vorweg eine Warnung an alle, die das Buch noch gerne lesen wollen - in diesem Fall lassen sich für mich "Spoiler" kaum vermeiden. Also mit Vorsicht geniessen beziehungsweise folgt dann noch rechtzeitig eine Warnung.

Zuerst zu den positiven Dingen - die Geschichte liest sich zügig ohne mühsamen Längen und grundsätzlich mochte ich die Freundschaft zwischen Isabelle und Dorrie. Ich hätte mir da sogar etwas mehr Tiefgang gewünscht über die Schwierigkeiten und Gemeinsamkeiten, die sich durch ihre komplette verschiedenen Lebenswelten ergeben.
Aber zur eigentlichen Liebesgeschichte zwischen der 17jährigen Isabelle und dem Sohn der farbigen Hausangestellten. In den 30ern in Kentucky ein Ding der Unmöglichkeit, aber Isabelle lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten. In ihrer Liebe zu Robert ist sie waghalsig bis fast zur Dummheit. Und Robert ist einfach nur perfekt - wohlerzogen, intelligent, ambitioniert. Obwohl er sich den Gefahren für sich und seine Familie mehr bewusst scheint, so ist auch er bereit alles hinter sich zu lassen für seine große Liebe.
-Soweit bin ich auch noch dabei - nicht die glaubwürdigst beschriebene Liebesgeschichte aller Zeiten, aber ich bin durchaus auch für etwas mehr Gefühl und weniger Realität bei romantischen Dingen. Aber dann beginnt mich Isabelle zu ärgern und damit ging auch jegliche Sympathie für sie verloren. (Achtung - ab jetzt wird dann zu viel von der Geschichte verraten)-
Isablle und Robert heiraten heimlich, werden aber entdeckt und Isabelle wird in ihrem Elternhaus eingesperrt und wie eine Aussätzige behandelt. Was Robert passieren wird, kann man nur befürchten. Isabelle ist schwanger, bekommt ihr Kind aber zu früh und es stirbt. Nachdem sie nun alles verloren hat, Kind und Robert, darf Isabelle wieder das Haus verlassen. Sie sucht sich einen Job und zieht von zu Hause aus. Und diese Isabelle, die in der ersten Hälfte des Buches fast übertrieben mutig war, macht nun einfach gar nichts. Weder versucht sie die Krankenschwester, die bei der Frühgeburt dabei war, zu kontaktieren um vielleicht das Grab ihres Kindes zu besuchen, noch versucht sie Robert eine Nachricht über ihre Situation zukommen zu lassen. Viel mehr glaubt sie einer vagen Andeutung seiner Schwester,  dass er sich bereits eine neue Freundin zugelegt hat. Warum auch nicht.
Natürlich könnte es sein, dass sie durch ihre Erlebnisse einfach bis zur Erstarrung traumatisiert ist, aber so richtig erstarrt ist sie ja nicht. Sie arbeitet, sie geht aus und sie lernt einen Mann kennen. Sie liebt ihn zwar nicht, aber sie heiratet ihn dann trotzdem. Und ab diesem Zeitpunkt war es zwischen mir und Isabelle vorbei. Man kann mir doch nicht vorher die dramatische-wir-gegen-den-Rest-Liebe verkaufen und dann einfach mal jeman anderen heiraten. Es gibt keinen Grund für diese Hochzeit. Isablle hat einen Job, ein Dach über den Kopf, sie liebt jemand anderen. Emotional spricht alles gegen diese Hochzeit. Eine böse Vermutung ist, dass es sich vielleicht um einen Kunstgriff der Autorin handelt um noch etwas mehr Dramatik ins Geschehen zu bringen (Hallo Hollywood!). Denn Robert steht natürlich dann doch vor ihrer Haustüre und wenigstens er hat niemanden anderen. Ein Happy End wird hier trotzdem niemanden gegönnt. Aber da konnte ich auch schon nicht mehr mit Isabelle mitfiebern - ihre Persönlichkeit hatte sich zu unglaubwürdig vom Heißsporn zur 'der, die dem Schicksal ergeben ist' gewandelt.

Julie Kibler wurde übrigens zu der Geschichte von ihrer Großmutter inspiriert, die sich in ihrer Jugend in einen jungen Farbigen verliebt hatte, aber deren Beziehung von ihrer Familie strikt unterbunden wurde.


Vielen lieben Dank noch einmal an Isabelle - ich wollte das Buch unbedingt lesen und es war sehr toll, es geschickt bekommen zu haben. Wer auch immer über diesen Text stolpert und Isabelles Blog "Alles nicht so wichtig" noch nicht kennt - unbedingt besuchen. Wunderschöner Blog mit Büchern, Reisberichten und tollen Fotos.










Montag, 28. April 2014

Cold Comfort Farm von Stella Gibbons


“The education bestowed on Flora Poste by her parents had been expensive, athletic and prolonged; and when they died within a few weeks of one another during the annual epidemic of the influenza or Spanish Plague which occurred in her twentieth year, she was discovered to possess every art and grace save that of earning her own living.” 

Als die äußerst vernünftige und ordnungsliebende Flora mit 19 Jahren plötzlich zur Vollwaise wird, entscheidet sie in nächster Zeit einmal einen von ihren vielen Verwandten auf der Tasche zu liegen. Ihre Wahl fällt auf Cousine Judith, die mit ihrem Brief voll geheimnisvoller Andeutungen über angetanes Unrecht Floras Interesse weckt.

“Well,' said Mrs Smiling, 'it sounds an appalling place, but in a different way from all the others. I mean, it does sound interesting and appalling, while the others just sound appalling.” 

Sie macht sich also auf den Weg ins tiefste Sussex zur Cold Comfort Farm, wo sie auf die leidende Judith und ihren Mann, den Feuer und Verdammnis predigende Amos, deren Söhne, den lüsternen Seth und den verzweifelten Reuben und vor allem auf Tante Ada Doom, die seit 20 Jahren ihr Zimmer nicht mehr verlassen hat und mit eisernem Willen das Schicksal aller auf Cold Comfort Farm regiert, trifft.
Aber das ist genau die Art Umgebung die Flora aufblühen lässt, denn nichts liebt sie mehr als Dinge und Menschen zu ihrem Besten zur organisieren.

“You have the most revolting Florence Nightingale complex,' said Mrs. Smiling.
It is not that at all, and well you know it. On the whole, I dislike my fellow beings; I find them so difficult to understand. But I have a tidy mind and untidy lives irritate me. Also, they are uncivilized.”[Flora]


Pinguin Classics/Gestaltung Roz Chast


"Cold Comfort Farm" ist ein wahnsinnig humorvolles Buch.  Und obwohl es erstmals 1932 veröffentlicht wurde und als eindeutige Satire zu den in dieser Zeit sehr beliebten verhängnisvollen und dramatischen Romanzen im ländlichen Raum alà D. H. Lawrence oder Thomas Hardy zu verstehen ist, so ist es doch nicht zwingend einfach ein Kind seiner Zeit. Man kann das Buch durchaus auch als zeitgenössische Person im deutschsprachigen Raum des 21. Jahrhunderts lesen und sich köstlich amüsieren. Es ist einfach wunderbar wie Gibbons diese geradlinige Flora in diese von unausgesprochenen Vergangenheiten und anderen Wirrnissen geprägte Welt setzt und sie dort Ordnung schaffen lässt - einfach mit etwas Realität und "common sense". Wir alle haben sich schon Bücher gelesen, wo man die Protagonisten anbrüllen möchte, dass sie doch einfach einmal den Mund aufmachen oder einfach nachrfragen oder einfach wie eine normal Person agieren sollen. Etwas Geheimnis und Mysterium brauchen wir alle, aber manche Bücher überspannen den Bogen und dann wird alles zu künstlich und aufgesetzt. Das passiert in jedem Genre. Und dann wünscht man sich eine Flora Poste, die einmal gründlich durchfegt. Das Buch ist trotz seines Alters wirklich erfrischend und es gibt genug Szenen, die an die eine oder andere eigene Erfahrungswelt erinnern.
Wie so oft weiß ich natürlich nicht, wie es um die Qualität der deutschen Überetzung bestellt ist, aber wenn möglich soll man sich immer trauen, Bücher in ihrer Originalfassung zu lesen. Das macht oft mehr Freude als eingebildete Schwierigkeiten... Aber alles in allem möchte ich hier eine kleine Fackel für "Cold Comfort Farm" in den Lesewind halten - wirklich einer der leichtfüssigen Klassiker.



Cold Comfort Farm Trailer (1995)







Sonntag, 6. April 2014

Meine ersten Leseschritte...


Nachdem 2014 bei mir ohne Absicht im Zeichen der Kinder- beziehungsweise Jugenbücher steht, liegt es irgendwie nahe sich daran zu erinnern was man als tatsächliches Kind so an Büchern konsumiert hat. In meiner Erinnerung ist mein erstes "selbst gelesenes" Buch dieses hier:


Erstmals erschienen ist der böse Hatschi Bratschi anscheinend im Jahr 1904, geschrieben vom österreichischen Marineoffezier Franz Karl Ginzkey.


Das "selbst gelesen" steht deswegen unter Anführungszeichen, weil ich damals noch gar nicht lesen konnte, aber ich mir das Buch so oft vorlesen ließ bis ich es auswendig konnte und dann habe ich eben so getan als ob... das ich für eine glaubwürdige Darstellung auch einmal umblättern hätte müssen, war mir da nicht so klar. Eine Textstelle ist mir heute noch im Kopf...


Drin sitzt, die Pfeife in der Hand
Ein Zauberer aus dem Morgenland*.
Der böse Hatschi Bratschi heißt er,
Und kleine Kinder fängt und beißt er.
O Fritzchen, Fritzchen, lauf davon,
Sonst kommst du in den Luftballon!
Ach, Hatschi Bratschi hat ihn schon!
Er hat ihn schon und hält ihn fest,
Weil er mit sich nicht spaßen läßt.


Da werden in Reimform schon mal die zukünftigen Ängste indoktriniert. Als Kind war mir das natürlich nicht so bewusst  - in dem Alter ist man ja weniger reflektiert und saugt alles auf wie ein Schwamm. Deswegen ist das wahrscheinlich auch der richtige Zeitpunkt für belehrende Werke wie Hatschi Bratschi und Struwelpeter (auch ein Begleiter meiner Kindheit). Das kleine Tantchen war außerdem vor allem von den Bilder faszieniert - besonders gut kann ich mich an die Illustration von "Datteln" erinnern. Ich hatte nämlich keine Ahnung was das sein sollte. Ähnlich ging es mir übrigens auch bei meinem ersten Garfield Comic - Lasagne war für mich auch ein sehr befremdliches Gericht und über die Illustrationen so gar nicht nachvollziehbar. Deswegen bin ich heutzutage wahrscheinlich auch so neugierig auf Essen aus aller Welt.


*In der Originalversion ist es ein Türke aus dem Türkenland. Aber ich hatte schon eine "korrektere" Variante.


Sonntag, 9. März 2014

Tip für Zauberlehrling Fans - Die Chrestomanci Serie von Diana Wynne Jones


Die Chrestomanci Serie von Diana Wynne Jones ist ein unbedingter Tip für Harry Potter Freunde. Und bevor zu große Plagiats Ängste ihren Platz einnehmen wollen - Chrestomanci gab es schon eine Weile vor Harry Potter. Zwischen 1977 und 2006 entstanden sieben Bände dieser Kinderbuch Serie, die mir bis jetzt (nach drei Bänden) große Freude bereitet hat. Die Bücher müssen in keiner bestimmten Reihenfolge gelesen werden, aber mit jedem Band kommt einen neue Detailinformation hinzu. Es breitet sich hier einen komplexen ineinander verwobenen Geschichtenteppich aus, der eigentlich nie ins stolpern gerät und man kann sich einfach jeweils für einen bunten Faden (= Buch) entscheiden. Es fehlt auch nicht eine (von mir sehr gemochte) leicht schaurige Seite, die sich meiner Meinung nach sehr oft in der britischen (Kinder)literatur findet. Das liegt vielleicht daran, dass es auf der Insel üblich war Kinder ziemlich früh in entfernte Internate zu schicken, wo sie ihre ersten Erfahrungen in der Welt fernab von der schützenden elterlichen Hand machen.
Neugierig Gewordene, die sich komplett überraschen lassen wollen und meinem Buchttip schon jetzt vollstes Vertrauen schenken, sollten an dieser Stelle diesen kleinen Blog verlassen und stattdessen eines der Bücher aufschlagen. Alle anderen (die mir offensichtlich nicht so vertrauen!!!) lesen noch ein kleines Stück weiter - es wird nichts Dramatisches verraten, aber der erste Band (Charmed Life) wird vielleicht so eine Spur früher durchschaubar.




Chrestomanci ist ein Titel, den der jeweilige Zauberer bekommt, der einerseits die magische Besonderheit von neun Leben aufweist und sich andererseits natürlich auch sonst als würdig erweist. Denn Chrestomanci hat die schwierige Aufgabe die Zauberwelt zu überwachen damit diverse Regeln zum Schutz des Allgemeinwohls eingehalten werden. Deswegen kann man in großer Not auch einfach drei mal seinen Namen sagen und dann muss er erscheinen - egal in welchem der neun (bekannten) Universiiiii (???) sich der Notleidende befindet. Das erklärt vielleicht warum er zu jeder Stunde peinlich genau auf sein Äußeres achtet. Damit nicht genug muss er außerdem auch noch nach seinem Nachfolger Ausschau halten.
Trotz dieser mannigfaltigen Aufgaben steht aber eigentlich nicht Chrestomanci selbst im Mittelpunkt. Um ihn kreisen nur die diversen Geschichten. Im Mittelpunkt steht ein bis mehrere Kinder in unterschiedlichen Situationen. Eltern gibt es keine beziehungsweise kümmern sie sich nur bedingt und man ist auch nicht Teil der beliebten Gruppe, sondern mehr Mauerblümchen und Randfigur. Das heißt aber auch nicht zwingend, dass sich immer um sympathische Kinder handelt, sondern um sehr reale, widerspenstige, sich-selbstbemitleidende, besserwissende Kinder, die sich da durch die eine oder andere gefährliche Situation kämpfen. Natürlich resistent gegen gutgemeinte Ratschläge und immer mißtrauisch gegenüber den falschen Personen, machen sie sich das Leben schwerer als nötig, zeigen dafür umso mehr eigenen Kampfgeist.

So viel kann ich zumindest nach drei gelesenen Bänden vermelden. Und ich finde die Bücher sind großartig - eine liebevoll entworfene Welt mit ebenso liebevollen (wenn auch kratzigen) kleinen Helden. Ich liebe solche Bücher wenn man sich einmal in einem "Lese-Tief" befindet und man sich mit leichter, aber gut geschriebener Literatur durch den tristen Alltag bringen möchte. Und wenn man kleine Mitmenschen hat, denen man vorlesen möchte - umso besser.

Sonntag, 16. Februar 2014

Klassischer Krimi | Inspector Morse


Inspector Morse ist nicht ganz so ein alter (aber wirklich geliebter) Hut, wie die Krimis die ich sonst lese, aber wirklich frische Ware biete ich hier auch nicht an. Trotzdem muss Morse hier einmal erwähnt werden, besonders nachdem ich gerade vor kurzem wieder einmal einen Band gelesen habe und mir die speziellen Eigenheiten dieses Inspectors wieder frisch in Erinnerung sind.

Inspector Morse ist eine Erfindung des britischen Autors Colin Dexter, der zwischen 1975 und 1999 dreizehn Bände mit Morse in der Hauptrolle schrieb. Colin Dexter selbst studierte "klassische Kulturen" (d. h. die Kultur, Sprache, Philosophie, Kunst etc. der römische und griechische Antike) in Cambridge um dann später zu unterrichten. Die universitäre Bildung des Autors merkt man oft an der Wortwahl selbst. Da kann man wunderbar verschraubte Sachen lesen, wie zum Beispiel:

"His sullen, dolichocephalic face could have been designed by some dyseptic El Greco, [...]"
(Daughters of Cain)

Aber auch Morse selbst hat einiges an intellektuellem Dünkel zu bieten: Er fährt einen Jaguar, liebt klassische Musik (besonders Wagner), Poesie, schwierige Kreuzworträtsel und trinkt (durchaus auch schon zu früher Stunde) gerne britisches Ale. Er hatte ursprünglich ein Stipendium für die Universität, verlor dieses jedoch aufgrund von schwachen Noten nach einer unglücklichen Liebesaffäre. Aber auch ohne Abschluss ist Morse überdurchschnittlich intelligent und hat eine Päckchen mit Vorurteilen und festen Ansichten. Er wirkt oft egoistisch und launisch, trotzdem offenbart sich auch oft eine sanfte Seite. Der klassische geniale Eigenbrödler mit starkem Gerechtigkeitssinn und Pech bei den Frauen.
Ihm zur Seite steht Detective Sergeant Lewis; aus der Arbeiterklasse stammend und auch sonst mehr das Gegenteil von Morse, ist er unverzichtbar für ihn. Oft leidet man mit Lewis, wenn Morse mit ihm besonders launisch umgeht, aber dann merkt man wieder an kleinen Dingen, wie sehr sich die beiden schätzen - vergleichbar vielleicht mit der klassischen Holmes und Watson Freundschaft.
Die Krimis selbst sind langwierig und vielschichtig. Ich muss ehrlich zugeben, dass es manchmal schwierig ist Morse Lösungswegen zu folgen, aber es macht (zumindest mir) eine wahnsinnige Freude die Beschreibungen der Stadt (Oxford) und der einzelnen Charaktere zu lesen. Hier fällt keine der handelnden Personen flach aus und ihre Motivation sind nachvollziehbar. Oft passieren mehrere Erzählstränge nebeneinander, die sich erst zum Schluss zu einem Ganzen verbinden und eine Lösung präsentieren.

Morse wurde übrigens auch verfilmt mit dem großartigem (und leider verstorbenen) John Thaw in der Hauptrolle. Danach wurde eine Serie mit Lewis in der Hauptrolle entwickelt (die stimmigerweise auch "Lewis" heißt). Außerdem ist es ja gerade wahnsinnig modern, die Vorgeschichten zu diversen Klassikern zu drehen und daher gibt es jetzt auch eine Miniserie namens "Endeavour", die Morse in jungen Jahren zeigt. Alle drei Serien sind wirklich gut gemacht und ein schönes Kontrastprogramm zu hunderttausend CSI Varianten, wenn man denn gerne mal einen Krimi schaut. Und dann sollte es natürlich ein Englischer sein ;)


Inspector Morse "Trailer"









Mittwoch, 29. Januar 2014

Die Austen Abenteuer #5 - "Emma"


 Was sind die Austen Abenteuer?  Bitte hier nachlesen :)




"Emma Woodhouse, handsome, clever, and rich, with a comfortable home and happy disposition, seemed to unite some of the best blessings of existence; and had lived nearly twenty-one years in the world with very little to distress or vex her."

Der Roman beginnt mit einer Hochzeit - Emmas Gouvernante heiratet und Emma versucht nun den ersten Abend mit ihrem Vater so unterhaltsam und friedlich wie möglich zu gestalten. Gott sei Dank bekommen sie auch Besuch von Mr. Knightly, einem alter Freund der Familie und so ziemlich der Einzige, der Emma hin und wieder widerspricht.
Dieser sich ankündigende zurückgezogene Lebensstil entspricht so gar nicht Emmas Charakter und da sie keine junge Dame ist, die sich mit lesen oder Stickerei lang beschäftigen kann, verfolgt sie bald ein neues Projekt. Miss Harriet Smith wird zur Freundin gemacht und soll durch Emmas Einfluss kultivierter und attraktiver gemacht werden um schließlich als krönenden Abschluss möglichst vorteilhaft verheiratet zu werden. Emma biegt sich hier eine Welt zu ihrem großen Unterhaltungswert und erst als sie die Folgen ihres unüberlegten Handelns nicht mehr leugnen kann, beginnt bei ihr ein Prozess der Läuterung.

"She [Emma] would notice her [Harriet Smith]; she would improve her; she would detach her from her bad acquaintance, and introduce her into good society; she would form her opinions and her manners. It would be an interesting, and certainly a very kind undertaking; highly becoming her own situation in life, her leisure, and powers."

Emma - Fischer Verlag



Emma hat es als Einzige von Jane Austens Protagonistinnen auch auf den Titel geschafft und ist auch im Gegensatz zu ihren Kolleginnen als Einzige finanziell unabhängig - das heißt, schon ganz zu Beginn des Romans stellt Emma fest, dass Heiraten nichts für sie ist.

"The real evils, indeed, of Emma's situation were the power of having rather too much her own way, and a disposition to think a little too well of herself. […] The danger, however, was at present so unperceived, that they did not by any means rank as misfortunes with her." 

Der erste Eindruck von Emma ist der einer verwöhnten, sich selbst überschätzenden Göre, die aufgrund ihrer sozialen Stellung und ihres ungebremsten Charakters mehr Schaden anrichtet als man möglich meinen möchte. Dabei hat sie ein gutes Herz und einen klugen Kopf auf ihren wohlgeformten Schultern. Aber wie in allen Austen Romanen fehlt eine starke leitende Hand. Ihre Mutter ist früh gestorben, der Vater ist hauptsächlich mit mit seinem schwachen Gesundheit beschäftigt und ihre (ehemalige) Gouvernante ist ihr eine gute, aber allerhöchstens ebenbürtige Freundin. Allein Mr. Knightly, ein guter Freund der Familie und einige Jahre älter als Emma, schafft es hin und wieder etwas strenger mit ihr zu sein und versucht sie ein etwas besonneres Wesen zu verwandeln.
Natürlich entdeckt auch Emma bei sich erste Verdachtsmoment der Verliebteheit, aber erst nach einigen falschen Fährten und nicht spätestens nachdem sie ihre Freundin Harriet fast komplett ins Unglück gestürzt hat, merkt Emma wo ihr wahres Glück liegt.

“If I loved you less, I might be able to talk about it more.”

Emma ist sicher die leichtfüssigste in Jane Austens Frauenrunde. Durch ihre soziale Stellung hat sie mehr Freiheiten und das besondere an ihr ist auch, dass sie nicht durch ihre Verliebtheit eine Wandlung erfährt, sondern erst nach der Wandlung ihre Liebe erkennen kann. Durch ihr vermeintliches Spinnen von Heiratsglück für andere und die Fehler, die sie dabei macht, lernt sie mehr über sich selbst und ihre kleinen Schwächen. Die passiert eigentlich sehr selbständig mit nur leichten Richtungsweisern. Aber erst dann ist es ihr möglich zu erkennen, wem ihr Herz gehört. Neben dieser Erkenntnis hat Jane Austen aber hier alle möglichen Pärchenkonstellationen verarbeitet - jeder Topf bekommt sein Deckelchen beziehungsweise jedeR bekommt was er verdient. Man bekommt auch einen (für mich zumindest) überraschenden Einblick in die Liebesbriefe dieser Zeit. Da Briefe das einzige Mittel zur Kommunikation war, wurde offenbar jegliche noch so irrelevante Information dem meilenwert entfernten Liebhaber kundgetan. So steht eine geheime Liebesgeschichte fast auf der Kippe, weil der so liebevoll Adressierte davon weiß, dass einer der unzähligen Nachbarn sich doch eine neue Kutsche zulegen wollte. Da niemand, der mit ihm in offizieller Kommunikation stehenden ihm diese wertvolle Information gegeben haben kann, kommt es zu einem Geraschel und Geraune in der Gesellschaft und die heimlich Verliebten stehen kurz vor der Entdeckung.

 "Emma" ist neben "Stolz und Vorurteil" ein wunderbar fluffiger Einstieg in das Austen Universum und mir persönlich ist die etwas arg von sich überzeugte Emma sogar etwas lieber als die scharfzüngige Lizzy Bennet aus Stolz und Vorurteil.




Wunderbare Seite über Kleidung, Sitte etc. zur Lebenszeit von Jane Austen: Jane Austen's World

La Toilette, Boucher, 1742. Image@francoisboucher.org





“I am Emma Woodhouse. I feel for her, of her and in her. I have a different sort of snobbism, but I understand her snobbism. Her priggishness. I admire it. I know she does wrong things, she tries to organize other people's lives, she can't see Mr Knightley is a man in a million. She's temporarily silly, yet all the time one knows she's basically intelligent. Creative, determined to set the highest standards. A real human being.”
John Fowles, The Collector








Sonntag, 12. Januar 2014

"Gute Geister" von Kathryn Stockett




Mit einem unerklärlichem Südstaatentick ausgestattet und nachdem ich letztes Jahr mit großer Begeisterung "Gone with the Wind" gelesen habe, musste ich früher oder später natürlich auch "Gute Geister" (im engl. Original: "The Help") lesen.
"Vom Winde verweht" wird in "Gute Geister" öfters erwähnt - es ist quasi das Negativ von dem sich "Gute Geister" abheben will. Das "Vom Winde verweht" voller verklärender Romantik der eigenen Geschichte gegenüber ist, möchte ich  gar nicht bestreiten. Aber als aufmerksame Leserin wird einem der innwohnende Rassismus der damaligen Gesellschaft kaum entgehen. Es stimmt, dass Scarletts heißgeliebte "Mammy" nicht nach ihrer Meinung gefragt wurde; es ist kein Buch, dass die Sklaverei aus der Sicht der Betroffenen zeigt. Aber es zeigt die Täter (wenn auch von der Autorin ungewollt) sehr wohl; vielleicht nicht die offen brutalen Sklavenhalter, aber die "netten", die das System genauso mitgetragen und mitgestaltet haben. Kathryn Stockett will also nun in ihrem Buch den schwarzen Haushaltshilfen eine Stimme geben.

"And," I felt compelled to continue, "everyone knows how we white people feel, the glorified Mummy figure who dedicates her whole life to a white family. Margaret Mitchell covered that. But no one ever asked Mammy how she felt about it."
(Miss Skeeter zu Elaine Stein)



Die Geschichte spielt in Jackson, Missisippi in den Jahren der Bürgerrechtsbewegung. Schwarze müssen getrennte Toiletten, getrennte Eingänge und eigene Bibliothekten benützen. Schwarze Frauen arbeiten als Dienstmädchen für weiße Familien und ziehen ihre Kinder groß, dürfen aber nicht am selben Tisch essen wie ihre Arbeitgeber. Es wird aus drei Perspektiven erzählt -  da sind die schwarzen Haushaltshilfen Abileen und Minnie und "the white lady" Miss Skeeter. Miss Skeeter will Journalistin werden und nachdem sie in New York zu einem Verlag Kontakt aufnimmt, entsteht die Idee eine Sammlung von Interviews mit schwarzen Haushaltshilfen über ihr Leben und ihre Arbeit zu machen. Sie findet eine Verbündete in Abileen, doch die Arbeit an dem Buch gestaltet sich schwierig. Groß sind die Grenzen, die es zu überwinden gilt und groß sind auch die Gefahren.

Die Autorin des Buches, Kathryn Stockett, ist weiß und aus Missisippi. Man braucht das Nachwort im Buch eigentlich nicht lesen, um zu realisieren, dass sie sich mit der Figur von Miss Skeeter selbst beschreibt; aber das Nachwort hilft das Buch als das anzunehmen, was es sein will.
Denn die große Frage ist, inwieweit kann eine Weiße heute aus der Perspektive von schwarzen Angestellten in den 60ern schreiben? Wie weit kann man sich wirklich in eine Situation versetzen, die man selbst nie erlebt hat und so auch hoffentlich nie erleben wird? Wie kann man die Stimme der Opfer annehmen, wenn man eigentlich zu den Tätern gehört? In einem Abschnitt des Buches heißt es:

"White people been representing colored opinions since the beginning a time."

Passiert das nicht auch hier? Darf man das? Ich habe dazu noch immer keine abgeschlossene Meinung... Denke ich (zum Beispiel), dass eine weibliche Autorin nicht aus der Perspektive eines männlichen Protagonisten schreiben darf? Eigentlich nicht. Denke ich, dass ein Mann einen feministischen Roman aus der Sicht einer Frau schreiben kann? Vielleicht, aber ich stelle es mir schwierig vor. Möchte ich, dass fiktiver Literatur Fesseln einer bestimmten Perspektive auferlegt wird? Sicher nicht! Wäre es besser gewesen Kathryn Stockett hätte von Abileen und Minnie aus der Perspektive von Miss Skeeter erzählt? Ich weiß es nicht. Kathryn Stockett selbst schreibt, dass sie selbst nicht rechtzeitig daran gedacht hat ihre "Mammy" Demetrie nach ihrer Meinung zu fragen und dass sie mit ihrem Buch eine Annäherung, ein Verstehen versucht:

"What I'm sure about is this: I don't presume  to think that I know what it really felt to be a black woman in Mississippi, especially in the 1960s. I don't think it is something any white woman on the other end of a black woman's paycheck could ever truly understand. But trying to understand is vital to our humanity."
(Kathryn Stockett im Nachwort zu "The Help")

Abgesehen davon liest sich das Buch schnell und man fühlt mit Abileen, Minnie und Miss Skeeter. Die Charaktere selbst sind etwas flach, wie von der Stange. Man hat die gutherzige Abileen und die zornige Minnie. Es sind also die grundsätzlich möglichen/vorstellbaren Gefühlswelten abgedeckt. Von den anderen interviewten Haushaltshilfen erfährt man wenig. Einen etwas größeren Auftritt bekommt noch Gretchen, die Miss Skeeter vorwirft, dass sie nur eine weitere Weiße ist, die von den Schwarzen profitieren will. Die weinerliche Verletztheit von Miss Skeeter und die Empörung von Abileen nach Gretchens Auftritt, sind allerdings etwas schwer verdaulich.
Im englischen Original haben Abileen und Minnie einen augeprägten Dialekt, während alle Weißen perfektes Englisch sprechen. Ein Detail, dass sicher zur "Authentizität" beitragen soll, aber zumindest bei Miss Celia etwas ins Stolpern gerät - Miss Celia wird als "white trash" mit einem tiefen Südstaaten Slang beschrieben - in der direkten Rede jedoch merkt man davon bei ihr aber nichts.
Miss Skeeter ist wahrscheinlich der am besten ausgearbeitete Charakter, was aufgrund der autobiographischen Züge nicht verwundert. An ihr wird auch deutlich gezeigt, wie leicht sie Teil dieses Systems werden hätte können und dass uns oft nur kleine Abweichungen und Zufälle davor retten, den bequemen Weg zu gehen.

Im klassischen 5-Sterne System habe ich dem Buch vier gegeben, was vielleicht verwundert. Aber trotzdem alle meine Zweifel bestehen bleiben, sind sie erst beim späteren Nachdenken verstärkt in den Vordergrund getreten. Beim Lesen selbst konnte ich mich voll auf die Geschichte einlassen und  das Buch kaum aus der Hand legen. Ich hoffe aber bald Susan Tucker's "Telling Memories among Southern Women" habhaft zu werden - ein Buch mit 42 Interviews mit schwarzen und weißen Frauen, das auch Kathryn Stockett für ihr Werk gelesen hat.





Martin Luther King - "I have a dream" Speech - 28. August, 1963