Sonntag, 29. September 2013

Wenn eine eine Reise tut...


... dann hat sie was zu erzählen. Hoffe ich zumindest. Ich werde jedenfalls in den wohlverdienten Urlaub fliegen und vielleicht noch ein paar spätsommerlich/herbstliche Sonnenstrahlen antreffen. Nach Portugal gehts übrigens und vielleicht gibts ja dann auch ein paar schöne Bilder...

Gelesen habe ich in letzter Zeit nicht allzu viel. Ich habe "Cross Stitch" - Band 1 der Outlander Serie von Diana Gabaldon - angefangen, nachdem ich eine euphorische Bemerkung (anscheinend wird diese Serie verfilmt) bei Mila von 100Bücher gelesen habe und das ganze eigentlich recht ansprechend geklungen hat. Kurz: Junge Frau  (Claire) fällt durch ein Zeitportal (Stonehenge) und findet sich im Schottland von vor 200 Jahren wieder und auch gleich in den Armen eines jungen attraktiven Schotten. Der üble englische Gegenspieler ist ein Vorfahre ihres Mannes, der diesem auch wahnsinnig ähnlich sieht. Das moralisch Dilemma wie jetzt junge (in der Zukunft) verheiratete Frau mit dem schönen Schotten ohne schlechtes Gewissen ...ähm... sich vereinigen kann, wurde gerade eben durch erzwungene Heirat gelöst.
Jedenfalls bin ich mir nicht ganz sicher auf was ich mich da eingelassen habe... Nach anfänglichem Schwung kommt mir das ganze momentan etwas arg träge vor und da sind ein paar  unterschwellige Nebentöne, die mir nicht so ganz geheuer sind, aber man wird sehen. Ich bin ja erst auf Seite 289 von 863.
Wenn ich über Zeitreisen (speziell ungeplante) lese, frage ich mich immer wie es mir da so ergehen würde und ich kann nur sagen schlecht. Das größte Problem wäre meine doch recht starke Kurzsichtigkeit. Ich bin bitte Kontaktlinsenträgerin und trage nicht ständig ein Notfallpaket mit Kontaktlinsenflüssigkeit und Brille mit mir rum (was mir schon in der Gegenwart saublöde Situationen beschehrt hat). Jedenfalls kann man mir gleich einen Stock und Blindenhund in die Hand drücken, wenn man mir meine Seehilfe nimmt. Und dann habe ich so gar kein nützlich einsetzbares Wissen - die zeitreisende Claire bei Cross Stitch ist zum Beispiel Krankenschwester und interessiert sich in ihrer Freizeit für Kräuter und ihre verschiedenen Anwendungen. Und schon ist man unentbehrlich für rauflustigen Schotten. Ich hätte jetzt ein abgeschlossenes Kunstgeschichte Studium im Repertoire... Ich habe das Gefühl, dass mich die Schotten in irgendeinem Graben verhungern lassen und mich sicher nicht mit dem attraktivsten Jüngling der Burg verheiraten würden. Und eine Toilette wurde bisher übrigens auch nicht erwähnt...

Und dann lese ich auch noch "Mr. Rosenblum's List or Friendly Guidance for the Aspiring Englishman" von Natasha Solomon. Ein lustig-melancholisches Buch über einen von den Nazis vertrieben Juden, der anhand einer Liste versucht englischer als die Engländer selbst zu sein. Da kann ich eigentlich jetzt schon eine Leseempfehlung aussprechen.

Also dann - föhliches Lesen und anderer Flitter & Albernheiten, bis in frühestens zwei Wochen :)






Sonntag, 15. September 2013

Sherlock Holmes & Dr. Watson


Bei meiner Reise durch die Sherlock Homes Abenteuer bin ich dieses Wochenende mit "The Return of Sherlock Holmes" angekommen - das heißt ich habe diesen Band fertig gelesen und als nächstes steht "The Hound of Baskerville" auf der Leseliste...
"The Return of Sherlock Holmes" unterscheidet sich in Art und Form in keiner Weise von seinem Vorgänger "The Memoirs of Sherlock Holmes" und "The Adventures of Sherlock Holmes". Die Memoiren waren eigentlich als letzter  Sherlock Holmes Band von Arthur Conan Doyle geplant, mit einem fulminanten Höhepunkt zwischen Sherlock Holmes und seinem Nemesis Prof. Moriarty. Doch der Detektiv hatte inzwischen schon so ein treues Gefolge, dass Conan Doyle quasi gezwungen war, weiter über ihn zu schreiben. Alle drei Bände sind gesammelte Kurzgeschichten, die ursprünglich in einem monatlich erscheinenden Magazin namens The Strand veröffentlicht wurden.

Ich liebe Sherlock Holmes. Daran gibt es nichts zu rütteln. Aber würde ich einem Krimi Fan uneingeschränkt diese Serie empfehlen? Wahrscheinlich eher nicht... Erstens muss man etwas für die Zeit übrig haben und für eine Gesellschaft deren Regeln und Konventionen  - auf deren viele von Holmes Schlußfolgerungen beruhen - uns fremd erscheinen. Aber gerade das gefällt mir so an den Büchern - dieses Eintauchen in eine vergangenen Gesellschaft und eine sehr spezielle düstere Atmosphäre, die Arthur Conan Doyle erschafft.

"Holmes and I sat together in silence all the evening, he engaged with a powerful lens deciphering the remains of the original inscription upon a palimpsest, I deep in a recent treatise upon surgery. Outside the wind howled down Baker Street, while the rain beat fiercely against the windows. It was strange there, in the very depths of the town, with ten miles of man's handiwork on every side of us, to feel the iron grip of Nature, and to be conscious that to the huge elemental forces of all London was no more than the molehills that dot the fields."

Eine Verfilmung die diese Stimmung perefekt einfängt mit einer sehr buchtreuen/genialen Darstellung von Holmes und Watson  hält ist die Granada TV Serie mit Jeremy Brett in der Hauptrolle.





Aber so spannend die beschriebenen Fälle sind, so werden vielleicht Krimifans enttäuscht sein, die erwarten, dass die Lösung der Probleme rein auf Holmes Genie beruhen beziehungsweise die Beweisführung lückenlos ist. Oft muss man sich auch darauf verlassen, dass Zeugen wie auch Beschuldigte einfach durch Holmes Präsenz zusammenbrechen und die Wahrheit erzählen. Denn obwohl Sherlock Holmes die Lösung in den Händen hält, so fehlen im doch oft die Beweise. Glücklicherweise verfehlt sein eindringliches Befragen selten seine Wirkung. Mich stört dieses Hilfsmittel zur Auflösung diverser Fälle weniger, sind doch Holmes und Watson alte Freunde von mir, denen ich viel verzeihe. Aber ich könnte mir vorstellen, dass manche sich an diesem Detail stören könnten und dann sollte man die Finger von diesen Büchern lassen. Ich glaube man muss einfach vor allem die Vorstellung von Zylindern, Droschken und Gentlemen Clubs lieben, um sich in dieser Welt wohl zu fühlen.
"Wahren" Krimifans kann ich aber die BBC one Serie "Sherlock" mit Benedict Cumberbatch ans Herz legen - basierend auf Conan Doyles Werk wurde hier der große Dedektiv in das gegenwärtige London versetzt und das mit wirklich großem Geschick - da gibt es wirklich nichts zu meckern.














Sonntag, 8. September 2013

Vom Winde verweht...

von Margaret Mitchell (1936)



"Some people survive; others don't. What qualities are in those who fight their way through triumphantly that are lacking in those that go under? I only know that survivors used to call that 'gumption'.  So I wrote about people who had gumption and people who didn't."
Margaret Mitchell über "Vom Winde verweht"


Dieses Buch... dieses Buch... dieses Buch (bitte leicht bis stark hyperventilierend lesen, je nach persönlicher Disposition)... Dieses Buch ist schrecklich! Auf eine großartige, fesselnde und faszinierende Art und Weise. Ich hab die letzten zwei Kapitel durch geheult und davor war ich amüsiert bis verärgert bis... Margaret Mitchell hätte es sich so leicht machen können - eine romantische Geschichte vor der Kulisse eines Krieges. Stattdessen ist die Frau einfach schonungslos. Während ich dieses Buch gelesen habe, wollte ich eigentlich ständig darüber reden und war auch kurz versucht mehre Blogposts zu meinen turbulenten Emotionen in die Leere in des Internets zu schmeissen, wovon mich aber meine mangelnde Verbindung zu eben diesem Internet abgehalten hat. Deswegen jetzt ein paar konfuse Gedanken zu diesem 959 Seiten (in meiner Ausgabe) Wälzer in einem undurchdachten Blogpost.



"Vom Winde verweht" spielt in Georgia und beginnt kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg und endet eine Weile nach der Niederlage der Südstaaten. Es wird eine heile Welt von Plantagenbesitzern vorgestellt, die in einer "natürlichen" sozialen Ordnung einem strengen moralischen Ehrenkodex folgen, der nur wirklich Einheimischen vertändlich ist. Man lernt die verwöhnte und starrköpfige Scarlett O'Hara kennen, eine "southern belle" deren einziges Ziel es ist, möglichst viele Männerherzen zu sammeln und zu brechen ohne dabei viel Rücksicht auf ihre Umwelt zu nehmen.

"Scarlett O'Hara was not beautiful, but men seldom realized it when caught by her charm [...]
The green eyes in the carefully sweet face were turbulent, willful, lusty with life, distinctly at variance with her decorous demeanor. Her manners had been imposed upon her by her mother's gentle admonitions and the sterner discipline of her mammy; her eyes were her own."

Scarlett O'Hara ist eine sehr eigenartige Hauptperson. Wie Margret Mitchell es geschafft hat, so viele Seiten über diesen Charakter zu schreiben und ihr eigentlich nicht eine liebenswerte Eigenschaft zu geben, ist mir ein Rätsel. Hätte ich diese Buch geschrieben, so wäre ich sicher spätestens nach der Hälfte in die Knie gegangen und hätte Scarlett an Krieg und Verwüstung wachsen lassen um ihr dann, nach ein paar Kapitel voll Reue und Einsicht, ein gebührendes Happy End zu beschehren. Stattdessen weicht Mitchell nicht einen Millimeter von Scarletts am Anfang angedeuteten Charakter ab, mit einer Härte die man nur bewundern kann.
Ganz klar: Scarlett ist ein "survivor": Sie packt den Stier bei den Hörnern und sichert sich und anderen ohne Skrupel so das Überleben, wenn auch keinerlei Anerkennung oder Zuneigung. Ihr Motto ist "I won't think about it now" (um so auch später nicht darüber nachzudenken) und ihre Antriebsfeder ist Geld, wobei Geld bei ihr mit Sicherheit gleichzusetzen ist. Als Leserin versteht man, dass sie ein tiefsitzendes Kriegstrauma hat, aber Scarlett selbst ist nicht fähig sich so weit zu erkennen. Sie ist bereit zu lügen und jeglichen Trick anzuwenden um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Meist hat man das Gefühl, sie versteht wirklich nicht was Gut, was Böse und vor allem was Selbstlosigkeit ist. Daher konnte ich keine wirkliche Abneigung gegen sie entwickeln - ich konnte bei ihren Liebswirrungen aber auch kein großes Mitgefühl entwickeln, aber sie hat mich oft sprachlos gemacht und ich musste mehrmal meinen gedanklichen Hut vor ihr ziehen, einfach weil sie so ohne jegliche Konventionen ist.

Scarlett und die Liebe ist wieder so eine Sache, die ich in der Art eigentlich noch nie gelesen habe. Sie selbst meint wahnsinnig in AshleyWilkes von der Nachbarplantage verliebt zu sein und das eigentlich nichts anderes zählt als ihre großartige Liebe. Man kann sie dabei aber nur schwer ernst nehmen - schnell merkt man, dass Ashley einfach der Einzige war, der sie jemals zurückgewiesen hat (und nicht sie ihn). Ihre Persönlichkeit lebt auf, wenn sie Macht über andere (im speziellen Männer) hat und Ashley hat sich ihr entzogen bevor sie ihn ganz auf den Knien hatte. Es ist nicht so als wäre Ashley nicht auch zu Scarlett hingezogen, aber er heiratet nach Familienbrauch seine Cousine Melanie. Ashley ist während des ganzen Romans wichtig für Scarletts Motivation, aber eigentlich bleibt er selbst ziemlich farblos, was aber gut zu seiner Rolle paßt. Er beschreibt sich selbst als zu einer untergangengen Welt gehörend (eben den Südstaaten), als nicht überlebensfähig in der neuen Ordnung.

Hier ist die Szene* (die noch vor Kriegsbeginn spielt) in der Ashley Scarlett sagt, dass er Melanie heiraten wird und Scarlett auch das erste Mal auf Rhett Butler trifft...


Eine schöne Überleitung zu der eigentlich spannenderen Konstellation - Scarlett & Rhett.

Ein Liebespaar das irgendwie nie eines ist,  aber eigentlich unbedingt eines sein sollte. Obwohl Scarlett vielleicht daran die größere Schuld trägt, kann man ihr weniger Vorwürfe machen. Denn Scarlett ist nicht die hellst Glühbirne im literarischen Universum - sie sieht nur was genau vor ihrer Nase ist und komplexe zwischenmenschliche Emotionen sind etwas zu viel für ihr Köpfchen. Sie kann nicht zwischen den Zeilen lesen, manchmal fragt man sich ob sie überhaupt lesen kann.
Während Rhett Scarlett wahres Wesen schon sehr früh erkennt und sie genau deswegen liebt (was eventuell auch kein so positives Licht auf ihn wirft). Er ist der geheimnissvolle Rebell und Kriegsgewinnler, gut aussehend und gefährlich, der, ähnlich wie Scarlett, Leute leicht um den Finger wickeln kann, aber im Gegensatz zu ihr sich seiner selbst mehr bewußt ist und hin und wieder doch so etwas wie Gewissen erkennen lässt. Aber entweder ist es sein Stolz oder er hat Scarlett zu sehr durchschaut - jedenfalls ist auch Rhett Butler nicht fähig diese Liebsgeschichte zu einem glücklichen Ende zu führen. Es es ist eine Romanze voller falscher Momente und Mißverständnissen. Jedenfalls haben mich die beiden wirklich zum Weinen gebracht, wobei ich vielleicht mehr für Rhet geweint habe, weil ich mir bis jetzt nicht sicher bin, ob Scarlett sich selbst (und damit mich) wieder einmal hinters Licht geführt hat.

"I love you, Scarlett, because we are so much alike, renegades, both of us, dear, and selfish rascals. Neither of us cares a rap if the whole world goes to pot, so long as we are safe and comfortable."
Rhett zu Scarlett nach der Flucht aus Atlanta

Es gibt in dem Buch noch viele andere spannende und vielschichtige Persönlichkeiten, aber hier einen halbwegs nachvollziebaren Weg zu finden auf diese einzugehen, fällt mir gerade nicht ein und dafür ist hier auch vielleicht zu wenig Platz.
Ich möchte trotzdem noch etwas zu dem Thema Südstaaten und Sklaverei sagen - es gibt Kritik die "Vom Winde verweht..." eine Verharmlosung der Sklaverei und eine Verherrlichung der damaligen Gesellschaft vorwirft und dazu kann ich nur ja und nein sagen, obwohl eher nein. Es ist ein Abgesang auf die ehemalige Welt der Südstaaten, auf die Gentlemen und Ladies und ihre Tugenden. Gleichzeitg wird aber auch gezeigt, wie sehr an einer starren Ordnung festgehalten wird, die unfähig ist sich neuen Lebensumständen anzupassen. Es war eine Gesellschaft die sehr viel aus Gesten und Floskeln bestand und innen schon ausgehöhlt war.

"But, no matter what sight they had seen, what menial tasks they had done and would have to do, they remained ladies and gentlemen, royalty in exile - bitter, aloof, incurious, kind to one another, diamond hard, as bright and brittle as the crystals of the broken chandelier over their heads. The old days had gone but these people would go their ways as if the old days still existed, charming, leisurely, determined not to rush and scramble for pennies as the Yankees did, determined not to part with none of the old ways."

Die Sklavenhaltung wird mit keinem Wort direkt kritisch beschrieben, sondern als unabänderlicher Teil dieser Welt, aber gerade das macht es so spannend - für mich hat es so einen subtilen, innwohnenden Rassismus, der eben so wahnsinnig gefährlich ist. Nicht jeder Sklavenhalter hat seine Sklaven ständig ausgepeitscht, aber natürlich hat er sie als Untermenschen wahrgenommen - im besten Fall wie Kinder, auf die man aufpassen muss. Und das Buch zeigt auch gut, was mit Menschen passiert, die über längeren Zeitraum so behandelt werden  - nach dem Krieg und mit ihrer Befreiung sind viele ehemalige Sklaven verloren und wissen ohne tägliche Anweisungen nichts mit sich anzufangen. Das Buch ist rassistisch, weil die Zeit es war und als aufmerksame Leserin kann man hier viel über gewisse (bekannte) Mechanismen lernen.

Abschließend ist nur zu sagen, dass dieser Roman eine viel ausführlichere Besprechung verdient hätte (und es finden sich auch ein paar wunderbare im Netz), aber mir fällt es wahnsinnig schwer hier auch nur eine kurze und prägnante Inhaltsangabe zu schreiben (mehrer Versuche sind an zu großer Länge gescheitert). Eigentlich würde ich noch gerne so viel zu Melanie Wilkes, Scarletts Eltern und und und.. sagen, aber ich begnüge mich ein paar Schlaglichtern und hoffe, dass ich dieses Buch irgendwann einmal mit anderen lesen werde und wir dann stundenlang darüber sprechen können.






*Verfilmung "Vom Winde verweht..." aus dem Jahr 1939 mit Vivienne Leigh und Clark Gable