Freitag, 22. Februar 2013

Atemschaukel





Der Hungerengel sagte: Speichel macht die Suppe länger, und früh Schlafengehen macht den Hunger kürzer. 




Atemschaukel ist der erste Roman von Herta Müller, den ich gelesen habe, aber sicher nicht der letzte. 2009 erschienen, erhielt sie im selben Jahr den Nobelpreis für Literatur für das Werk. Daher kann man sich vorstellen, dass man von vielen Seiten nachlesen kann, wie überwältigend dieser Roman ist. Einer Meinung der ich mich nur anschliessen kann.








Der Ich - Erzähler Leopold Auberg wird 1945 von Rumänien in ein Arbeitslager in die Ukraine deportiert. Fünf Jahre wird Leo dortbleiben und vor allem aus Hunger bestehen. Es ist Lageralltag durch das Brennglas. Das eigentlich Unbeschreibliche wird in einer eindringlichen Sprache erzählt,  mit spitzen Sätzen und Poesie. Beim Lesen ist klar, dass man am Rand steht und von etwas Ahnung bekommt... eine Ahnung von Untiefen, die man eigentlich gar nicht so unbedingt kennen möchte, aber einmal erahnt, kann man sich nicht mehr entziehen. Man muss damit kämpfen und dem Text seine gesamte Ausmerksamkeit schenken und zwar unbedingt.

Manchmal kriegen die Dinge eine Zartheit, eine monströse, die man von ihnen nicht erwartet. 


Nachdem Rumänien 1944 vor der Roten Armee kaptulierte und dem bisher Verbündeten Deutschland den Krieg erklärte, verlangte die Sowetunion von Rumänien sämtliche Deutsche (Männer und Frauen) zwischen 17 und 45 Jahren zur Zwangsarbeit auszuliefern. Es handelte sich dabei um "Reparationsleistung in Menschenform" zum Wiederaufbau der kriegszerstörten Gebiete. Auch die Mutter von Herta Müller war fünf Jahre in einem Arbeitslager.
2001 begann Herta Müller Gespräche mit ehemaligen Deportietren aus ihrem Dorf ausfzuzeichnen. Mit dem Lyriker Oskar Pastior traf sie sich regelmässig und er erzählte ihr von seinen Erfahrungen im Lager. Es entstand der Plan das Buch gemeinsam zu schreiben, aber nach dem plötzlichen Tod von Pastior 2006, schrieb Herta Müller den Roman allein.




Herta Müller, Atemschaukel, 2009, Fischer Verlag, ISBN  978-3-596-18750-8
Umschlaggestaltung Gundula Hißman/ Andreas Heilmannn, Hamburg
Foto: Boris Schwesnikow © Internationale Gesellschaft für historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge MEMORIAL, Moskau  



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